_______________________________________ baemu súti falla kúr
_______________________________________ móstin arasíban taégna.
_______________________________________ kiu ténde vossagúr:
_______________________________________ flágedárad ássa.
____________________ Baemu leert auf einen Satz
____________________ sein falla Kúr – sein Súti-glas.
____________________ Heil den taégnal
____________________ Kiu, mein Schatz!
Walter Mehring ist mit seiner Übersetzung ein kühner Wurf gelungen und höchstwahrscheinlich hat er den sogenannten ibolithischen Janussatiriker im Verfasser unseres Vierzeilers identifiziert. Der Janussatiriker gehörte der inneren Emigration der Parteiepoche an und führte als erster Satiriker der Weltliteratur überhaupt einen Simultankrieg gegen die widerliche Heldenkürung der Partei und gegen die Vergötzung des Fußballsports. So spiegelt das Wortnetz seines Vierzeilers die damalige Form der Mannschaftsaufstellung beim Fußball.
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____________________ __ __ __ __ } männliche Spieler
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______________________ __ __ ____ } Weibliche Spieler
Man spielte das VVV-W-System, wobei die Stürmer- und die vordere Läuferreihe das dreimalige ,V‘ bildeten, die zweite Läuferreihe und die beiden Torhüterinnen (Verteidiger kannte dieses angriffslustige Volk aus ideologischen Gründen nicht) zusammen das ,W‘. Dieses VVV-W-Gerüst füllt nun der Verfasser in genialer Form derart mit Schriftgut, daß die Zeileninhalte einerseits die Tätigkeitsweise zum Beispiel der Stürmerreihe oder der Torhüterreihe transzendieren und persifiieren (gewagt allerdings die Unterstellung lesbischen Treibens zwischen den herumflackenden (fiágedárad) Torhüterinnen), andrerseits aber den fragwürdigen Impuls des parteiamtlichen Staatsheldentums ohne direkte Angriffe und allein schon durch den beziehungsvollen Unterbau des ibolithischen Fußballsystems aufs Korn nehmen.
Baemu ist der ge-managte Volksheld, eine Art Parsifal der Ibolithen (wie Mehring ermittelt hat), der immer in der vordersten Linie steht, der sein Glas (gefüllt mit Tequila-Wodka, einem Cocktail der Eingeborenen) pflichtschuldigst auf die Parteigötzen (taégna) erhebt und sich dann, nach Ableistung des staatsbürgerlichen, dem biologischen Soll zuwendet. Mehring erläutert ,kiu‘ wie folgt: unübersetzbares Wortspiel- soviel wie
,Prost! – Ins Bett, mein Schatz! (ássa)‘.
Das oben stehende Gedicht in der ibolithischen Phantasiesprache ist von Heinz Grüning. Gut 100 deutschsprachige Dichter und Persönlichkeiten hatte er um eine Übersetzung gebeten. 46 beteiligten sich an dem literarischen Spiel – unter ihnen Walter Mehring, Hans Arp, Werner Bergengruen, Günter Eich, Hans Mgnus Enzensberger, Arthur Koestler Carlo Schmid. Heinz Grüning sammelte diese in einem amüsanten Buch und kommentierte die übersetzten Gedichte. Dabei gelang es ihm sehr gut, die Eigenheiten der einzelnen Autoren herauszuarbeiten. A.O.
Heinz Gültig (Hg.): baemu suti oder das ibolithische Vermächtnis – Ein literarisches Gesellschaftsspiel; Zürich: Diogenes Verlag 1959; S. 77 f.