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1956 1991 Biografisches

Marthe Kauer erinnert an eine Lesung Mehrings in der Katakombe

Marthe Kauer: Die Katakombe – Zürichs Literatenkeller 1940 – 1973Walter Mehring

Wir freuten uns, den Dichter Walter Mehring 1956 in der Katakombe begrüssen zu dürfen.

Er verdiente es, ein echter Poet genannt zu werden.

Er sagte uns, dass er «nie mit schiefem Seitenblick auf Glanz und Ruhm der Literaturgeschichte» geschrieben habe, aber «mit um so wacherem Herzen über die Tiefen des menschlichen Leides» und «mit dem Blick in die Gesichter der Verfolgten und Gequälten».

Nicht die bürgerliche Gesellschaft kritisiere er, sondern das üble Geschwisterpaar Tyrannei und ignorante Dummheit bedenke er überall mit den Trauergesängen seines ironisierenden Hasses.
Sein Bänkelsang und seine Lieder, seine angriffsheissen Stücke und Songs wurden vor dem Herabsinken der braunen Nacht von den berühmtesten Chansonetten Deutschlands als eindringliche Warn-Rufe in ein Land hinausgetragen, das gleich darauf seinen Dichtern den Scheiterhaufen zu den Bücherverbrennungen schichtete.

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1956 Biografisches Brief

Mascha Kaleko berichtet von den Umständen der Rückkehr Mehrings nach Frankreich

Am 5. April 1956 schreibt Mascha Kalko in einem Brief an Chemjo Vinaver von einem Besuch in der Redaktion von DER MONAT. Walter Mehring hatte in ihr publiziert. Die Zeitschrift war ein Projekt, das auch mit Mitteln der US-Geheimdienste finanziert wurde, um der intelektuellen Auseinandersetzung mit Ostberlin etwas entgegenzusetzen. 

„War gestern gerade in der Redaktion DER MONAT, eine amerikanisch-deutsche Publikation vom Congress for Culture, sowie Kristols Blatt in England, die Redakteure Melvin  Laski und Dr. Helmut Jaesrich empfingen mich wie es sich gebuehrt, – Laski ist ein Brooklyner Jid, mit Baertchen à la Kurt List, den er gut kennt, und als die hoerten wir haben was mit Commentary waren wir gleich mittendrin, (das fuer Dich nur) sie waren zunaechst mal von mir entzueckt und wir sprachen fast 2 Stunden miteinander ueber alles. Laski ist 2 mal jaehrlich in NY, wird sich mal melden bei mir. Jaesrich sagte, Sie sind zu gescheit, um wie andre auf diesen herzlichen Empfang nun zu bauen. Mehring dachte, nun geht das so weiter und hatte schreckliche Enttaeuschungen, bis er verbittert nach Frankreich ging, wo seine Schwiegereltern aermlich fuer ihn und seine Frau sorgen.“

(zitiert aus: Mascha Kaleko: Sämtliche Werke und Briefe; Bd.2, S. 336. Hg. v. Jutta Rosenkranz; München: dtv 2012)