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Willy Haas erinnert an einen Scherz Mehrings über Proust

Willy Haas: Die Literarische Welt - Erinnerungen
Ich glaube, man wird mit mir übereinstimmen, daß man dieses Schriftstück ohne weiteres in sein großes Romanwerk ,,A la Recherche du Temps Perdu“ hineinstellen könnte, obgleich es viele Jahre älter ist. Wir haben hier auch schon den charakteristischen Satzbau von Marcel Proust, in dem es dann später immer schwerer und schwerer wird, den Weg vom Anfang zum Ende eines Satzes zu finden. Darüber hat in derselben Nummer der LITERARISCHEN WELT Walter Mehring einen reizenden Witz in Form einer Verlagsanzeige gemacht:

»Von den Werken Marcel Prousts ist in der Serie ,Lecture pour Tous‘ eine billige Volksausgabe in Vorbereitung. Jedem Band sind ausführliche Wortsituationspläne sowie eine Tabelle der letzten Verbindungen zwischen Substantiv und Adverb eingefügt.“

Über Marcel Proust hat dann in einem späteren Jahrgang Walter Benjamin, einer der großten deutschen Essayisten der Zeit, einen umfangreichen und abschließenden Essay veröffentlicht, der durch mehrere Nummern der LITERARISCHEN WELT lief. Benjamin, der eine Art Proust-Gelehrter war, hat auch einmal für  uns André Gide über Proust interviewt. Die Haltung Gides zu Proust war ja wechselnd, wie man weiß. Gide hat als Lektor des Verlages Gallimard die ersten Manuskripte des Romanwerkes von Proust an den Autor zurückgeschickt und hat sich dafür dann bei Proust entschuldigt. Gegen Ende von Prousts Leben waren die beiden befreundet, wie Gides Tagebücher zeigen.

(Willy Haas: Die Literarische Welt – Erinnerungen; München: Paul List Verlag 1957, S. 162 f.)

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