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1935 Prosa Rezensionen

„Müller“ weckt die Hoffnung auf Einheitsfront

Walter Mehring: Müller, Chronik einer deutschen Sippe (Gsur-Verlag,Wien, S 9.–).
Müller - Chronik einer deutschen Sippe (1935)Walter Mehrings Roman behandelt die Geschichte einer deutschen Sippe von Tacitus bis Hitler. Ein tolles Buch, tollerem Gegenstand gewidmet: beschwingt von Geist und Ironie, reißt es den Leser fort, der die Entstehung des Preußentums amüsant und erbittert miterlebt. Haß des Wissenden schwält in diesem Buch, das einen satirischen Großangriff gegen den Nationalsozialismus darstellt. Wenn ein österreichischer Verlag dieses Buch heraugbrachte, verdient er Dank: es weckt Erkenntnsi, wenn diese auch nur negativ ist. Wir wünschten, der Verfasser (Sohn des großen Marxforschers) schriebe nach dem messerscharfen Chronikbericht ein positives Gegenstück: Oestesrreich, das ihm Heimat gab und gerne gab, würde sich freuen, die großen Gaben Mehrings nach der notwendigen Erledigung des abwehrenden Teiles auf uns näherliegende Gebiete bewährt zu finden. Freunden und Kennern messerscharfer satirischer Auseinandersetzung sei der Ankauf empfohlen: wertvoll aber ist es — dies sei ganz besonders hervorgehoben! — vor allem als Geschenk für Menschen, die mehr links stehen: der ihnen vertraute Dialekt Mehrings  wird hervorragend dazu beitragen, sie in die heute notwendigste Einheitsfront einzureihen, gegen den Nationalsozialismus.

(Bosch, Franz: Walter Mehring: Müller; in: Sturm über Österreich Folge 36/37 3. Jg. vom 22. Dezember 1935, S. 8) 

Eine Antwort auf „„Müller“ weckt die Hoffnung auf Einheitsfront“

Ich finde die Rezension interessant, weil sie im Grunde zwiespältig ist. Dass der Verfasser Walter Mehring für den Sohn von Franz Mehring hält („Sohn des großen Marxforschers“) – nun ja (Achselzucken). Er erkennt richtig, dass „Müller“ eine Kampfschrift ist. Aber dann will er ein „positives Gegenstück“ haben: offenbar ein Loblied auf „Österreich, das ihm Heimat gab“.

Mir fällt da nur die Frage an Erich Kästner ein: „Herr Kästner, wo bleibt das Positive?“

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