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Streit über Hilfsaktion für Mehring im Pariser Exil

1938, nach seiner Flucht aus Wien, lebte Walter Mehring wieder in Paris. Offensichtlich war seine finanzielle Situation prekär. Michaela Enderle-Ristori hat in ihrer umfangreichen Arbeit über die Literaturkritik in den Exilzeitungen Pariser Tageblatt und Pariser Tageszeitung auch auf Konflikte innerhalb der Pariser Exilpresse hingewiesen. Exemplarisch beschreibt sie einen Streit zwischen der »Pariser Tageszeitung« (PTZ) und der Zeitschrift »Die Zukunft«:

„Ernstere Konkurrenz erwuchs der PTZ ab Herbst 1938 mit Willi Münzenbergs Wochenzeitung »Die Zukunft«. Diese führte in der Regel auf zwei von insgesamt 12 Seiten Umfang ein Feuilleton, das bis Ende März 1939 von Ludwig Marcuse redigiert wurde. Nach dessen Ausscheiden hatte es Chefredakteur Werner Thormann weitgehend mit übernommen. Unterstützt wurde er dabei von Hans Siemsen und Manes Sperber, die beide nach dem Weggang Arthur Koestlers zur Redaktion gestossen waren. Im Feuilleton der Zukunft erschienen häufiger Auszüge aus Büchern und Broschüren, kulturkritische Glossen, Buchrezensionen, Ankündigungen von Neuerscheinungen, Verlagsinserate sowie Teile von Alfred Döblins »November 1918« als Fortsetzungsroman. Dass nach der Münzenberg-Phase der PTZ die Beziehungen zwischen ihr und der Zukunft selbst im literarisch-kulturellen Bereich nicht die besten waren, davon zeugt die Weigerung der PTZ, einen vom Freundeskreis der Zukunft veranstalteten Vortragsabend Walter Mehrings anzukündigen. PTZ- Verleger Fritz Wolff begründete diese Weigerung wie folgt: „Es ist uns […] unmöglich, Veranstaltungen zu propagieren, die der Reklame für Ihre Wochenschrift dienen – einer Wochenschrift, die unserer Zeitung gegenüber eine konkurrierende und durchaus nicht immer freundschaftliche Haltung eingenommen hat.“

Die Zukunft warf der PTZ daraufhin vor, dem Emigranten Mehring ihre publizistische Unterstützung zu versagen — und unternahm einen erneuten Vorstoss zur Insertion eines geplanten Döblin-Abends: „[…] wenn ihre Direktion sich an dem Namen »Freunde der ZUKUNFT« stösst, dann lassen Sie das doch einfach weg! Bringen Sie nur eine kurze Meldung,“ schlug Hans Siemsen scheinbar naiv vor. Bei der PTZ reagierte man nun gereizt: „bitte sofortige Rücksendung beider Briefe“, lautet die handschriftliche Anweisung Bornsteins auf Siemsens Schreiben.““

Wie dringend die Hilfe für Walter Mehring war, wird durch die Anmerkung 256 von Michaela Enderle-Ristori deutlich:

„Über das Echo der Veranstaltung berichtet ein redaktionelles Rundschreiben der Zukunft vom 13.6.1939: „Als ersten Vortragenden wählten wir WALTER MEHRING, hauptsächlich deshalb, um im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung bei den »Freunden der ZUKUNFT« eine Sammlung für Mehring durchführen zu können, dem es
wirtschaftlich und gesundheitlich furchtbar schlecht geht. […] Es waren etwa 200 bis 250 Personen da und die Einnahmen des Kartenverkaufs und eine Sammlung bei begüterten Freunden ergab über frs. 2.000.- nach Abzug aller Unkosten, die wir dem Autor überreichen konnten.“ (Hervorh. i. Orig.).“

Michaela Enderle-Ristori: Markt und intellektuelles Kräftefeld – Literaturkritik im Feuilleton von »Pariser Tageblatt« und »Pariser Tageszeitung« (1933-1940); i.e: Wolfgang Frühwald, Georg Jäger, Dieter Langewiesche, Alberto Martino, Rainer Wohlfeil (Hg.): Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur Band 57; Tübingen: Max Niemeyer Verlag 1997; S. 109 f.

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