In jenen Tagen waren 100 Dollar in der Woche ausreichend für den Lebensunterhalt, ja geradezu ein Geschenk des Himmels für Fremde in einem Land, die sonst über keinerlei ersichtliche Mittel verfügten, aber sie waren nichts im Vergleich zu dem, was die meisten Vertragsautoren verdienten. In seiner leicht verfremdeten Autobiographie „Links wo das Herz ist“ erinnert sich Leonhard Frank, daß ihn am Pier des New Yorker Hafens ein Angestellter von Warner Brothers erwartete, der ihm zweihundert Dollar Vorschuß überreichte und ihm mitteilte, er solle sich in einer Woche im Warner Brothers Studio in Hollywood melden. Dort stellte er fest, daß der amerikanische Filmautor im Büro nebenan 3500 Dollar die Woche verdiente. Von ihm erfuhr Frank auch, daß die Filmbosse den Wert von allem danach beurteilen, was sie dafür bezahlten. Es war also klar, daß jemand, dem man nur hundert Dollar die Woche bezahlte, für die Studios überhaupt keinen Nutzen hatte. Tatsächlich gab man Frank in den ersten drei Monaten nicht das geringste zu tun, ja nicht einmal zum Schein. Nach weiteren fünf Wochen bekam er schließlich den Auftrag, nach dem amerikanischen Roman Danger Signal ein Drehbuch zu schreiben. Doch da schon sämtliche hochbezahlten Filmautoren sich vergeblich damit abgemüht hatten, lag es auf der Hand, daß das kein ernstgemeinter Auftrag war.
Schlagwort: American Rescue Committee
Die Fluchthilfe des American Rescue Committee rettete Walter Mehring das Leben. Varian Fry engagierte sich als Fluchthelfer. Dabei scheute er sich nicht, auch illegale Methoden zu wählen, wenn nur das Leben von Künstlern, Wissenschaftlern, Politikern gerettet werden konnte. Die Vertreibung der deutschen, der österreichischen, der tschechischen, französischen, belgischen, polnischen usw. Intelligenz aus Europa ist das Thema des aktuellen Buchs des langjährigen Chefredakteurs des österreichischen Politik-Magazins „Profil“, Herbert Lackner. „Die Flucht der Dichter und Denker“ enthält alles, was auch heute wieder im Zusammenhang mit Asyl und Flucht diskutiert wird.
Am 15. Juni 1962 hat Georg Fröschel in der ZEIT geschildert, wie er bei MetroGoldwyn in Hollywood der Chef von 13 Exilanten wurde, die es dank des American Rescue Commitee schafften, rechtzeitig 1940/41 aus Frankreich vor den Nationalsozialisten zu fliehen:
Döblin, gleich ein paar anderen Gefährdeten, bekam er, eines Tages einen Vertrag der MetroGoldwyn. Es war kein glanzvoller Vertrag, aber er bot eine Existenzgrundlage für ein Jahr in Hollywood, als Script Writer der Metro — und das Entscheidende war: mit so einem Vertrag bekam man das amerikanische Visum. Döblin ging nach Hollywood — mit zwölf anderen. Diese dreizehn — so erzählte mir Döblin, als ich ihn 1947 traf — standen dafür, daß man sie bezahlte, unter einem Gebot und unter einem Verbot. Gebot: täglich von neun bis fünf im Script Writing Department der Metro Goldwyn zu sitzen, jeder in seinem Zimmer. Verbot: während dieser acht Stunden tatsächlich zu arbeiten — so schrieb Robert Neumann vor drei Wochen in der ZEIT. Eine schone Legende? Georg Fröschel erlebte jenes Jahr auf der anderen Seite, der der Arbeitgeber.
Von 1939 bis 1956 war ich bei Metro GoldwynMayer als Filmschriftsteller angestellt. Im Jahre 1940 ließ mich Louis B. Mayer, der Chef dieser größten amerikanischen Filmgesellschaft, in sein Büro rufen und sagte mir ungefähr folgendes: „In ein paar Tagen kommen drei jüdische Schriftsteller, die aus Deutschland geflüchtet sind und die von einem Hilfskomitee nach Amerika gebracht wurden, hier an. Ich kenne die Herren nicht und weiß so gut wie nichts über sie. Es sollen begabte Leute sein. Sie werden ein Jahr bei uns arbeiten — auf Probe. Versuchen Sie, die Herren mit den hießigen Verhältnissen vertraut zu machen und beaufsichtigen Sie, was sie tun und treiben. Erzählen Sie ihnen nichts von dieser Unterredung“ So wurde ich, ohne daß es ihnen bekannt wurde, der Vorgesetzte von Walter Mehring, Alfred Polgar und Alfred Döblin.