Den Roman „Müller – Chronik einer deutschen Sippe“ hat Sven j. Olsson schon in eine Bühnenfassung gebracht. Jetzt arbeitet der Hamburger Autor und Dramaturg an einem neuen Walter-Mehring-Projekt. Er will „Die verlorene Bibliothek“ auf die Bühne bringen. Angesichts eines Textes, der sich vor allem mit der Gedankenwelt Mehrings und seinem kulturellen Fundament auseinandersetzt, ist dies ein spannendes Projekt.
Sven j. Olsson will mit seinem Arbeitsjournal sicherlich auch in den Dialog mit den Lesern seines Blogs eintreten. Auch um dies zu befördern, ist ab sofort in der rechten Navigation dieser Seite der rss-Feed des Arbeitsjournals von Olsson eingebunden. Die Leser dieser Seite können dann mit einem Klick auf die von Olsson gelangen. Die URL der Seite lautet: http://www.merin.de
Schon die ersten Beiträge zeigen, dass sich der Autor nicht nur mit Walter Mehring auseinadersetzt. Vielmehr stellt er auch potenzielle Szenen seines entstehenden Stücks online. Ein spannender Blick in die Werkstatt also, der regelmäßig erneuert werden sollte.
Das „Festspielbuch“ der Heidelberger Festspiele 1929 enthält dieses Foto von Walter Mehring. Im Mittelteil des kleinen Büchleins, nach den einführenden Texten und vor den umfangreichen Anzeigen, sind „Bilder der Spielstätten / Bildnisse der Leiter / Darsteller / Mitarbeiter“. Hier findet sich dieses Porträt. Aber sonst ist weder im Festspielbuch noch im „Spielzettel“ zu den drei Inszenierungen von „Sommernachtstraum“, „Troilus und Cressida“ und „Florian Geyer“ ein Hinweis auf Walter Mehring.
In der Weltbühne vom 13. August 1929 findet sich aber ein Hinweis: „Walter Mehring hat für die Heidelberger Festspiele Shakespeares ‚Troilus und Cressida‘ bearbeitet. Doch dieser Prolog ist gestrichen worden…“
Auf gewacht! Auf gewacht!
Seit sieben Jahren
ZerrcßBen unsre Nacht die Blutfanfaren!
Wenn es den Herren paßt — droht uns Verderben,
Bis sie den Sieg von unsern Knochen erben.
Seit sieben Jahren pariern wir ihnen stumm!
Und warum? Und warum?
Nur weil ein Weib gehurt
Von adliger Geburt,
Hat uns das Vaterland hierher verfrachtet —
Für Sold am fremden Strand
Verdreckt man ungenannt,
Weil eine Fürstlichkeit nach Kriegsruhm trachtet.
Tretet an! Tretet an!
Seit sieben Jahren
Vermehrn sich Mann für Mann die Totenscharen!
Seit sieben Jahren füllen wir die Reihen
Mit frischem Leben, das wir von uns speien.
Seit sieben Jahren schinden wir uns krumm!
Und warum? Und warum?
Weil es Soldaten gibt,
Die bei den Fraun beliebt,
Wenn sie sich morden, einer Frau zu Ehren!
Wenn einer von uns rallt,
Dann kommt der nachste Held —
Weil Frauen stets nach neuem Trost begehren!
Abmarschiert! Abmarschiert!
Zu wieviel Jahren
Hat sich der Tod verschworn, uns aufzusparen?
Seit sieben Jahren ziehn wir, die Stadt berennen,
Von deren Fraun und Freuden wir nichts kennen!
Wenn wir einziehen, wird sie untergehn!
Und für wen? Und für wen?
Denn eine Helena
Ist für die Herren da —
Und was von ihren Taten zu vermelden,
Erzählt der Schlachtbericht —
Wir aber zahlen nicht!
Auf unsern Grabern betten sich die Helden!
Fast wirkt es so, als hätten sich die Verantwortlichen der Festspiele über ihren Mut, neben dem etablierten Gerhart Hauptmann auch Walter Mehring in den Kreis der Bearbeiter, Regisseure und Schauspieler mit aufgenommen zu haben, so sehr erschreckt, dass sie auch noch vergessen haben, sein Bild aus der FEstschrift zu entfernen. Wenn schon der Name nicht auftaucht.