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2013 Dramatisches Prosa

Sven j. Olsson dramatisiert Mehrings Müller

Müller - Chronik einer deutschen Sippe, dramatisiert von Sven j. Olsson (2013)
Müller – Chronik einer deutschen Sippe, dramatisiert von Sven j. Olsson (2013)

Walter Mehrings „Müller – Chronik einer deutschen Sippe“in einem Kindertheater-Verlag zu publizieren ist schon gewagt. Aber Sven j. Olsson will, dass der Text aus dem Exil nicht vergessen wird. Und so hat er sich vorgenommen, diesen Roman über den deutschen Untertanen in eine neue Form zu bringen, um ihn einer neuen Generation nahe zu bringen.

Dazu nimmt sich Olsson vor, den Text so weit wie möglich in seine Bühnenfassung einzubinden. Mehrings Ritt durch fast zwei Jahrtausende Deutschtum seit Tacitus folgt er. Eine Fülle von historischen Szenen wechseln sich ab, viele Müllers kommen dabei nur sehr kurz vor. Das erschwert auf der einen Seite das Verstehen der einzelnen Müllers. es macht auf der anderen Seite aber die dramatischen Effekt der Herausbildung eines Typus leicht. Denn egal in welchem Deutsch der Müller spricht, egal in welcher Zeit er beheimatet ist, er duldet die Obrigkeit nicht nur. Nein, er verehrt sie geradezu.

Olsson legt das Theaterstück nicht nur in der Abfolge der Müllers in ihrer jeweiligen Zeit wie den Roman an. Er folgt Mehring auch in der Rahmenhandlung. Auch auf der Bühne verortet er den Dr. Armin Müller, den Oberstudienrat des Königlischen Wilhelms-Gymnasium, der als NSDAP-Mitglied um seinen arischen Stammbaum und damit die Anerkennung des von ihm so bewunderten Systems kämpft. Anders als im Roman wird Armin Müller viel stärker als verbindendes Glied im Textgefüge eingesetzt. Er ist in und zwischen den Szenen immer wieder in seinem Kampf um den Ariernachweis zu sehen. Das festigt das Stück sehr, gibt ihm Kontur uns den jugendlichen Zuschauersn, für die die Dramatisierung ja verfasst wurde, den Halt, den sie benötigen dürften, um dem Stück zu folgen.

Olsson arbeitet zudem mit dem „Lied der Straßenkehrer“ und weiteren Versen Mehrings, um dem Stück Halt und Schwung zu geben. Er legt des Text als einen rasanten Wechsel von Zeitebenen, Bühnenebenen und Rollenwechseln der Schauspieler an. Das kann, wenn es gut inszeniert ist und die Schüler Spaß am Spielen haben, bestimmt sehr gut werden. Es birgt aber auch die Gefahr, dass sich in der großen Vielfalt des Geschehens das Stück im Klamauk oder im Bühnenchaos verliert. Auf jeden Fall ist die Dramatisierung von „Müller – Chronik einer deutschen Sippe“ ein Stück, das es wert ist, auf der Bühne ausprobiert zu werden. Wer die Inszenierung des „Kaufmanns von Berlin“ in der Berliner Volksbühne gesehen hat, kann sich vorstellen, dass Olssons Müller-Fassung besser beim Publikum ankommt als Castorffs Kaufmann. Denn die Kraft der Satire, die in Mehrings Müller steckt, hat Olsson auf jeden Fall erhalten. (A.O.)