Das 2. Kapitel der „Verlorenen Bibliothek“ in der englischen Ausgabe liest Amy Dusty.
Kategorie: Übersetzungen
WALTER MEHRING
PARMI les écrivains modernes de langue allemande, combien nous restent inconnus ou à peu près! Et si l’on pense aux jeunes, à la longue liste de ceux nés de la guerre et dela révolution, que représentent les quelques-uns dont le nom est tout juste parvenu jusqu’à nous? Au nombre de ces derniers, figure Walter Mehring, qui eût pourtant mérité de notre part une attention particulière rien que pour son admirable traduction des Contes drôlatiques de Balzac dans le langage allemand du seizième siècle, ou encore pour l’amour qu’il porte aux lettres françaises en général et dont témoignent ses travaux relatifs à notre poésie. A d’autres égards encore, il méritait que nous le connussions mieux: n’était-il pas resté, en août 1914, et ce, pendant toute la durée du carnage, sans défaillir une minute, l’actif antibelliciste de la veille?
Walter Melzring dont le père, Sigmar Mehring, traduisit aussi des ouvrages poétiques français, naquit à Berlin, voici près de trente-cinq ans. C’est en 1915 qu’il débute dans la littérature par des essais remarqués sur l’expressionnisme, alors en pleine vogue en Allemagne, auquel s’étaient ralliés tous les jeunes, et par des poèmes audacieux que
publie la revue littéraire d’avant-garde: Sturm. Puis il collabore à la Pleite (la Faillite), organe satirique, où il se lie avec le fameux caricaturiste George Grosz. C’est là également qu’il rencontre Carl Einstein, l’auteur du Mauvais Message, ouvrage qui valut à Einstein d’etre poursuivi et condamné pour blasphème au lendemain de la révolution allemande et sous un régime socialiste.
Un moment, en 1919, Walter Mehring se mit à composer des poésies surréalistes – le surréalisme commençait à supplanter l’expressionnisme, mais était révolutionnaire, lui aussi. Ces poésies au rythme syncopé eurent un certain succès en Allemagne. Mehring en publia trois recueils : Le cabaret politique, Le Bréviaire hérétique et les Nuits européennes. Il collaborait alors au Cabaret artistique „Schall und Rauch“ (Bruit et Fumée), à la Weltbühne et au Tagebuch.
En 1922, il publie Dans la Peau de l’Homme, recueil de nouvelles d’une verve mordante, suivi bientôt de son Abenteuerliches Tierhaus (les animaux dans la mystique, superstitions, psychanalise du moyen âge jusqu’à nos temps; les bestiaires de la littérature française), ouvrage dénotant une grande culture et un esprit profond.
Walter Mehring, malgré sa jeunesse et ses travaux, a dé jà beaucoup voyagé. Il aime la Provence et la côte d’Azur où il a vécu. Paris, où il passe chaque année plusieurs mois, n’a plus de secrets pour ce fouilleur et cet artiste. C’est ce qui lui a permis d’écrire ce beau roman, Paris en feu, dont nous espérons entreprendre la traduction. Précédemment, il avait publié, aux éditions Gottschalk de Berlin, son journal de voyage en Angleterre, dans
lequel nous le vímes déployer des qualités qui ne sont que l’apanage des écrivains de race. Il connaît aussi l’Algérie et en a rapporté le plus beau, le plus délicieux des livres: Algier oder die dreizehn Oasenwunder, recueil de contes que nous ferons également connaître en France, tout au moins partiellement.
Walter Mehring vient d’achever, après de longs efforts, un drame qui s’appellera, croyons-nous, Le Bourgeois de Berlin, et pour lequel, nous a-t-il confié, le Théâtre Piscator de Berlin travaille à une mise en scène prodigieuse.
Alzir HELLA.
(Dieser Text zur Vorstellung Walter Mehrings für ein französisches Publikum ist zur Erläuterung erschienen. Oliver Bournac und Alzir Hella hatten gemeinsam die Erzählung Adams goldene Rippe aus „In Menschenhaut Aus Menschenhaut Um Menschenhaut herum“ für die Zeitschrift „Le Merle“ übersetzt, die im Original schon fünf Jahre zuvor bei Gustav Kiepenheuer erschienen war. Alzir Hella vermittelte den Lesern, wer Walter Mehring ist. La Cote D’Adam; in: Le Merle, Nummer 21 (Nouvelle série) vom 27. September 1929; S. 7.)
Das „Festspielbuch“ der Heidelberger Festspiele 1929 enthält dieses Foto von Walter Mehring. Im Mittelteil des kleinen Büchleins, nach den einführenden Texten und vor den umfangreichen Anzeigen, sind „Bilder der Spielstätten / Bildnisse der Leiter / Darsteller / Mitarbeiter“. Hier findet sich dieses Porträt. Aber sonst ist weder im Festspielbuch noch im „Spielzettel“ zu den drei Inszenierungen von „Sommernachtstraum“, „Troilus und Cressida“ und „Florian Geyer“ ein Hinweis auf Walter Mehring.
In der Weltbühne vom 13. August 1929 findet sich aber ein Hinweis: „Walter Mehring hat für die Heidelberger Festspiele Shakespeares ‚Troilus und Cressida‘ bearbeitet. Doch dieser Prolog ist gestrichen worden…“
Auf gewacht! Auf gewacht! Seit sieben Jahren ZerrcßBen unsre Nacht die Blutfanfaren! Wenn es den Herren paßt — droht uns Verderben, Bis sie den Sieg von unsern Knochen erben. Seit sieben Jahren pariern wir ihnen stumm! Und warum? Und warum? Nur weil ein Weib gehurt Von adliger Geburt, Hat uns das Vaterland hierher verfrachtet — Für Sold am fremden Strand Verdreckt man ungenannt, Weil eine Fürstlichkeit nach Kriegsruhm trachtet. Tretet an! Tretet an! Seit sieben Jahren Vermehrn sich Mann für Mann die Totenscharen! Seit sieben Jahren füllen wir die Reihen Mit frischem Leben, das wir von uns speien. Seit sieben Jahren schinden wir uns krumm! Und warum? Und warum? Weil es Soldaten gibt, Die bei den Fraun beliebt, Wenn sie sich morden, einer Frau zu Ehren! Wenn einer von uns rallt, Dann kommt der nachste Held — Weil Frauen stets nach neuem Trost begehren! Abmarschiert! Abmarschiert! Zu wieviel Jahren Hat sich der Tod verschworn, uns aufzusparen? Seit sieben Jahren ziehn wir, die Stadt berennen, Von deren Fraun und Freuden wir nichts kennen! Wenn wir einziehen, wird sie untergehn! Und für wen? Und für wen? Denn eine Helena Ist für die Herren da — Und was von ihren Taten zu vermelden, Erzählt der Schlachtbericht — Wir aber zahlen nicht! Auf unsern Grabern betten sich die Helden!
(Prolog zu Troilus und Cressida)
Fast wirkt es so, als hätten sich die Verantwortlichen der Festspiele über ihren Mut, neben dem etablierten Gerhart Hauptmann auch Walter Mehring in den Kreis der Bearbeiter, Regisseure und Schauspieler mit aufgenommen zu haben, so sehr erschreckt, dass sie auch noch vergessen haben, sein Bild aus der FEstschrift zu entfernen. Wenn schon der Name nicht auftaucht.
Walter Mehring war nicht nur Dramatiker, Romancier, Lyriker und Journalist. Er hat auch immer wieder übersetzt. Dabei scheute er auch Namen wie Balzac oder Shakespeare nicht. Sein außergewöhnliches Sprachempfinden, sein enormer Wortschaftz und die Fähigkeit selbst die schwierigsten Stoffe in Rhythmen zum Schwingen zu bringen, ermöglichten ihm bemerkenswerte Übersetzungen.
Ein kleiner Band von 1924 mit nicht einmal 65 Seiten ist eines der so entstandenen Bücher. „Französische Revolutionslieder“ ist Band 1 der Malik-Bücherei des gleichnamigen Verlages von Wieland Herzfelde, dem Bruder John Heartfields. Die alten DADA-Kontakte führten wohl zu diesem Auftrag, dem Mehring gern nachkam. Jean Pottier und L.B. Clément heißen die Autoren der Chansons aus der Zeit der Pariser Kommune, denen Mehring seine Sprachgewalt borgte. Dabei erhielt er das Versmaß vollständig.
Diese Übersetzung ist aus zwei Gründen bemerkenswert. Zum einen bezieht sich Walter Mehring im Vorwort explizit auf seinen Vater Sigmar Mehring. Ja er übernimmt sogar vier Übersetzungen von ihm. Meines Wissens nach ist dies das einzige Mal, dass er sich so offensiv zu seinem Vater bekennt – außer in der „Verlorenen Bibliothek“. Zum anderen ordnet sich Mehring mit der Publikation und der Übersetzung der frühkommunistischen Chansons in die Tradition des Kommunismus ein. „Pottier wollte in Dichtung und Tat nur eins: Propaganda der kommunistischen Freiheitsidee!“ schreibt er im Vorwort (S. 8). Und übernimmt damit diese Position.
Später wird er sich immer wieder stark von den Kommunisten distanzieren. Aber 1924, dem Jahr des Erscheinens, war in Deutschland noch nicht ausgemacht, ob die KP eine Freiheitspartei werden könnte oder eine, die Freiheit mit Füßen tritt. Der kraftvollen Übersetzung tut das keinen Abbruch.
Andreas Oppermann