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1932 Lieder Lyrik

Robert Neumann parodiert den Seemanns-Choral

Choral für Sehleute
Nach
WALTE R M E H RI NG

Robert Neumann: Unter falscher Flagge
Wir haben die ganze Welt bereist
Von Ullstein bis Reichskanzlerplatz.
Wir haben mit Schmeling und Einstein gespeist,
Mit Alsberg und sogar mit Rudolf Stratz.
Uns trieb man nicht aus mit Schwert und Gas,
Vor uns stand man immer noch stramm.
Wir tranken Sekt aus dem Mundwasserglas
Und pumpten das Geld für die Tram.
Wir waren niemals allein,
Wir schlafen mit mindestens drein
Gespenstern aus dem Romanischen
Romanischen
Romanischen.

Wir haben den obersten Richtersitz
Und halten fest zusamm.
Wir fielen von Breslau und Czernowitz
Direkt auf den Kurfürstendamm.
Wir machen die deutsche Literatur,
Schweigen tot, polieren auf Glanz.
Gleich den Kaulquappen bestehen wir nur
Rumpf los aus Kopf und Schwanz.
Ob Jude oder Christ –
Es stäubt derselbe Mist
Gespenstísch aus dem Romanischen
Romanischen
Romanischen!

(Robert Neumann: Unter falscher Flagge – Parodien; Berlin – Wien – Leipzig: Paul Zsolnay Berlag 1932; S. 161.)

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1923 Kabarett Lieder

Hans Reimann parodiert Walter Mehring

Hans Reimann: Von Karl Marx bis Max Pallenberg in 60 Minuten
LATERNA TRAGICA
Nach Walter Mehring

Blandine saß auf einem Stein!
Jerum 0 Jerum!
Blañdine saß auf einem Stein!
Im pikfein blanken Mondenschein!
Links unten war ganz nackt sie
Sie hatte weder Striimpf noch Schuh
Wild tanzt im Ragtime -Takt sie!
Dann machten die Kaschemmen zu
Ju Ju
Länge den Kapell’n
Hört sie die Engel vom Dache bell’n:
Müde bin ich geh‘ zu Ruh!

Blandine saß auf einem Stein
Mit sieben Siegeln!
Blandine saß auf einem Stein
Und putzt ihr Hakenkreuzlein rein!
Am Untergrund der Panke
Die Schmiere kreist mit Satyrin.
Sie sticht dich in die Flanke!
Odol, Pebeco, Burgeff Grün!
Muh Muh
Länge den Kapell’n
Hörst du die Spatzen vom Dache gell’n
Müde bin ich, geh zu Ruh!

Blandinchen saß auf einem Stein
Ohropax vobiscum!
Blandinchen kreuzte Bein mit Bein
Und schmetterte die Wacht am Rhein!
Als ob sie gänzlich toll wär!
Nick Carter springt herbei und
Zerkracht mit dem Revolver
Nen stummen Polizeihund
Huh Huh!
Längs den Destill’n
Hört man die Engel vom Daches brüll’n:
„Müde bin ich, geh zu Ruhnke!“

(aus: Hans Reimann: Von Karl May bis Max Pallenberg in 60 Minuten; München: Kurt Wolff Verlag  1923; S. 32 f.)