Kategorien
1966 Biografisches

19 Verlage gratulieren Mehring zum 70. Geburtstag

Walter Mehring zum Gruß

Die Neunzehn '66 Er ist klein und zart und zäh. In ihm personifizieren sich die zwanziger Jahre Berlins, wie in nur wenigen anderen. Er ist ein Satiriker und ein Polemiker. Ein Chanson-Dichter und ein Essayist. Er hat Dramen geschrieben (»Der Kaufmann von Berlin«) und kesse Lieder-Texte; Er War Autor der »Weltbühne« und vorher noch beim »Sturm« und bei Hardens »Zukunft«. Er ist ein Literat, wie ihn nur die vehemente, aufbrechende, revoltierende Zeit des Umbruchs vom Kaiserreich zur Republik hervorbringen konnte. Er war der »Bänkelsänger von Berlin«, nicht minder aggressiv, als seine heutigen Nachfahren, doch von kultivierterem Geschmack. Er rezitierte seine Gedichte dort, wo Berlin am Berlinischsten war, am Wedding und er gehörte in den Kreis der Tucholsky, Brecht, Klabund, Piscator, Kästner und Walden. Berlin war ihm die Heimat, die er liebte und deren Gesellschaft er attackierte: »… Mach Kasse! Mensch! Die Großstadt schreit! Keine Zeit! Keine Zeit! Keine Zeit…« Und der Wedding war sein Montmartre. Ein »Asphalt-Literat« – welch ein Ehrentitel. Und jetzt wird er 70 Jahre alt, am 29. April 1966. Doch ist dies nur die eine Seite dieses Mannes, dessen Büchern die Ehre widerfuhr, 1933 auf den Scheiterhaufen zu Wandern: Noch 193 3 hatte er mit seiner »Sage vom großen Krebs« warnend seine Stimme erhoben. Mehring ist überdies ein Kunstkenner von Graden. Er hat Kunstgeschichte studiert und in den letzten Jahren hat er seine Aufmerksamkeit mehr und mehr der bildenden Kunst zugewandt. Nach dem Kriege trat er in Deutschland zum ersten Mal wieder mit seiner »Verlorenen Bibliothek« in Erscheinung, die er die  »Autobiographie einer Kultur« nennt – Rekonstruktion der väterlichen, verlorenen Bibliothek, die ihn nach den Werten suchen ließ, welche »weiter für uns gültig sind«. Seine Bücher sind verstreut erschienen, bei Rowohlt, Kiepenheuer & Witsch und im Diogenes Verlag und anderswo. So hat auch sein Werk kein rechtes, festes Haus gefunden. Zwar sind für ihn die langen Jahre des Exils, die ihn über Frankreich in die Vereinigten Staaten führten, zu Ende. Er lebt jetzt in der Schweiz und fühlt sich dort zu Hause, wie überall, wo er an einem »Schreibtisch sitzen darf – gedankenfrei, träumend und hoffend auf ein Diesseits und Jenseits der alten und neuen Welt; in einer American Democracy; in der Deutschen Bundesrepublik; grenzenlos; außerhalb jeder Diktatur – als ein freier Schriftsteller«. Aber sein Berlin wird er, vermutlich, doch noch gelegentlich vermissen.

S .-F .

( S.-F.: Walter Mehring zum Gruß; in: Die Bücher der Neunzehn (hg.): Die Neunzehn ’66 – Texte und Information, München 1966, S. 22.)

Kategorien
1979 Biografisches Prosa

Pressetexte zur Werkausgabe – Wir müssen weiter

Walter Mehring

WIR MÜSSEN WEITER
Fragment aus dem Exil
160 Seiten, geb., claassen Verlag GmbH, Düsseldorf, DM 19,80

Wir müssen weiter - Fragmente aus dem Exil (1979)
Wir müssen weiter – Fragmente aus dem Exil (1979)

Walter Mehrings Erinnerungen an Flucht und Exil in Österreich, Frankreich und USA umfaßten ursprünglich 800 Seiten. Das Manuskript, das unter dem Titel „Topographie einer Hölle – Reportagen der Unter-Weltstädte“ veröffentlicht werden sollte, ging 1976 „irgendwo zwischen München und Zürich“ verloren. Erhalten geblieben sind ca. 400 meist handgeschriebene Manuskriptblätter: Entwürfe, Notizen, Durchschläge einzelner Manuskriptseiten, aus denen sich einige Zeitabschnitte rekonstruieren ließen.

Unter dem Titel „Hitler saß uns auf de Versen“ beschreibt Mehring die Stationen seines Exils in Österreich und Frankreich und die Apokalypse seiner Flucht vor den Deutschen. So enthält der Band Kapitel über

– den Ausnahmezustand in Wien kurz nach dem Attentat auf Dollfuß, die letzten Stunden vor dem Anschluß Österreichs,

– Schicksale der in der „buckligen Fremdengaststätte und Exilkommode“ wohnenden Emigranten,

– Horvaths Tod,

– die Treffs der Pariser Bohême,

– die letzten Tage von Paris vor dem Einmarsch der „boches“,

– die Flucht von Paris über Bayonne und Toulouse nach Marseille,

– Paßfälscher, Denunzianten und die um freie Caféhausplätze streitenden Literaten in Marseille,

– das demütigende Anstehen vor den Polizeipräfekturen um Übersee- und Niemandslandpässe,

– die Verhaftung in Marseille und die Internierung im Lager St. Cyprien,

– die Flucht mit einem Frachtdampfer in die USA.

WIR MÜSSEN WEITER ist keine Biographie einer außer Rand und Band geratenen Zeit, sondern ein sehr persönliches, manchmal zorniges, manchmal satirisches, manchmal dadaistisches, manchmal pamphletisches Erinnerungsbuch eines Betroffenen.

Mehring zerstört die Legende von der antifaschistischen Einheitsfront, zeigt politische Widersprüche unter den emigrierten Intellektuellen, schildert Fehden um Ausreisepapiere, macht eindringlich deutlich, was Emigration heißt – jeden Tag die angstvolle Frage: was bringt der nächste Tag? Werden wir durchkommen?

Walter Mehring,
geboren 1896 in Berlin, entging seiner Verhaftung durch die SA nur knapp, emigrierte nach Frankreich, wurde 1939 interniert und konnte 1941 in die USA entkommen. Mehring lebt heute zurückgezogen in Orselina bei Locarno. Bisher sind erschienen:
MÜLLER und DIE VERLORENE BIBLIOTHEK.

Die Pressesstelle des Claassen-Verlags hat diesen Pressetext als “Besprechungsunterlage” mit dem Band für die Rezension verschickt. Zwei Belege der Rezension hat sich der Verlag von den Rezensenten erbeten. (A.O.)

Mehr Pressetexte zur Werkausgabe:
Die Höllische Komödie
Paris in Brand
Algier oder die 13 Oasenwunder – Westnordwestviertelwest
Verrufene Malerei – Berlin DADA
Chronik der Lustbarkeiten / Staatenlos im Nirgendwo

Kategorien
1978 Biografisches Prosa

Pressetext zur Werkausgabe – Müller / Die verlorene Bibliothek

Walter Mehring
MÜLLER – CHRONIK EINER DEUTSCHEN SIPPE
Roman
272 Seiten, geb., claassen Verlag GmbH,
Düsseldorf, DM 28,–

DIE VERLORENE BIBLIOTHEK
Autobiographie einer Kultur
320 Seiten, geb., claassen Verlag GmbH,
Düsseldorf, DM 29,80

Die Bucher Walter Mehrings, nach dem K iege meist in fehlerhaften Ausgaben oder in schlechten Reprints herausgebracht, erscheinen nun zum ersten Mal in einer sorgfältig edierten und vom Autor durchgesehenen Werkausgabe. Der ctaassen-Verlag verbindet mit dieser Ausgabe die Hoffnung, daß Mehring, „einer der wenigen großen Satiriker, die Deutschland in diesem Jahrhundert hervorgebrach hat“ (Jürgen Serke), endlich den ihm gebührenden Platz in der deutschen Literatur findet. Denn der Tucholsky-Freund, den Hermann Kesten mit Heine und Villon verglich, ist bei uns immer noch ein weitgehend Unbekannter, ein zwischeen allen Stühlen sitzender ‚Exilierter‘.

Müller - Chronik einer deutschen Sippe (1978)
Müller – Chronik einer deutschen Sippe (1978)

Walter Mehring hat – und das ist bezeichnend für ihn – den MÜLLER-Roman als Band 1 der Werk-Ausgabe ausgewählt. Die CHRONIK EINER DEUTSCHEN SIPPE, Parodie und Paraphrase auf Gustaf Freytags „Ahnen“, ist eine – wie es scheint: zeitlose Satire auf den ewigen Untertan. Gleichgültig, ob sie Milesius, Mülibert, Mulobrad oder Mühlicher hießen, immer haben sich die Müllers getreu dem preußischen Kasernenhof-Dogma „Nur nicht auffallen!“ durch die Geschichte geschlagen, „haben das Heidentum abgeschworen, als es die Staatsraison von ihnen verlangte, dem Teufel widerstanden, als er auf Erden umging, sie wurden gut lutherisch zugleich mit ihren Fürsten, haben jeder Einberufung zum Heerdienst Folge geleistet, ihrem Herrn und Kaiser gedient unter der Monarchie wie in der Republik.“ (Walter Mehring)

Grundlage des Romans sind die Chroniken, Urkunden und Dokumente, auf die der Pg un Tacitus-§pezialist Dr. Armin Müller, Oberlehrer im Berliner Kgl. Wilhelmsgymnasium, 1933 gestoßen ist, als er im Zuge der allgemeinen Forderung nach Rassenreinheit den Beleg seines Ariertums zu erbringen hatte. Walter Mehring hat die Chronik der Müllers mit großem Einfühlungsvermögen in die literarischen Stile der Epochen und mit dem toternsten Witz des Satirikers aufgezeichnet. Das Buch wird bleiben, solange es MÜLLERS gibt…

Die verlorene Bibliothek, Autobiografie einer Kultur (1978)
Die verlorene Bibliothek, Autobiografie einer Kultur (1978)

Als die 1951 in New York herausgebrachte LOST LIBRARY als DIE VERLORENE BIBLIOTHEK. AUTOBIOGRAPHIE EINER KULTUR erstmals in deutscher Sprache erschien, schrieb Walter Mehring über die Entstehung des Buches: „Der Entschluß, die Lebensgeschichte einer Literatur – genauer gesagt: die Fabel einer mir verwandten Bibliothek – zu erzählen, kam mir auf der anderen Erdhälfte in Amerika, auf einer New England-Farm, deren Entlegenheit… mich wieder lehrte, Schritt für Schritt des Gelesenen mich zu erinnern.“

DIE VERLORENE BIBLIOTHEK zeigt Walter Mehring als den großen Kenner der Weltliteratur. Seine AUTOBIOGRAPHIE EINER KULTUR ist Literatur- und Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, ist zugleich – und das macht ihren besonderen Reiz und ihre Authentizität aus – e r l e b t e L i t e r a t u r aus der Feder eines Z e i t g e n o s s e n, der mit der Berliner Dada-Bewegung da-da-i-sierte, zu Herwarth Waldens „Sturm“-Kreis gehörte, Mitbegründer des Max Reinhardt-Kabaretts ‚Schall und Rauch‘ war und mit den „Dichtern und Denkern“ seiner Zeit (streitbaren) Umgang pflegte. Erinnerungen und Begegnungen – und doch nicht nur das.

Walter Mehring nimmt die Werke von Dante, Büchner, Balzac, Hegel, Fichte, Freud u.v.a. aus den Regalen der väterlichen Bibliothek und legt vor dem verblüfften Leser literarische Traditionslinien frei, streitet im Geiste des aufgeklärten Europäers, kommentiert als unbeugsamer Humanist. Dabei ist DIE VERLORENE BIBLIOTHEK kein Werk trocken philosophierender Gelehrsamkeit, sondern ein literarisch-kritisches Feuerwerk, das in seiner Anschaulichkeit, Lebendigkeit und Sprachgewalt in der – europäischen Literatur ohnegleichen ist.

MÜLLER. CHRONIK EINER DEUTSCHEN SIPPE und DIE VERLORENE BIBLIOTHEK. AUTOBIOGRAPHIE EINER KULTUR sind die ersten beiden Bände der Walter-Mehring-Werkausgabe im claassen-Verlag. 1979 wird von Walter Mehring als dritter Band der Werkausgabe das noch nicht veröffentlichte Buch, das er jetzt vollendet hat, „WIR MÜSSEN WEITER… Fragmente aus dem Exil” erscheinen. Die Werkausgabe wird herausgegeben von Christoph Buchwald.

Walter Mehring,
Lyriker, Essayist, Erzähler, Dramatiker, Film- und Funkautor und Übersetzer wurde am 29. April 1896 in Berlin geboren. Mehring gehört zu den Gründern des „Politischen Cabarets“ in Berlin und schrieb u.a. Texte für Max Reinhardts Kabarett „Schall und Rauch“. Seine von Tucholsky gerühmten Gedichte, Lieder und Chansons machten ihn früh berühmt und – verhaßt: viele seiner Bücher landeten am 10.Mai 1933 auf dem Scheiterhaufen. Walter Mehring entging seiner Verhaftung durch die SA nur knapp, emigrierte, wurde 1939 in Frankreich interniert und entkam 1941 in die USA. Nach dem Kriege kehrte Walter Mehring nach Europa zurück. Er lebt heute zurückgezogen in Zürich.

Die Pressesstelle des Claassen-Verlags hat diesen Pressetext als “Besprechungsunterlage” mit dem Band für die Rezension verschickt. Zwei Belege der Rezension hat sich der Verlag von den Rezensenten erbeten. (A.O.)

Mehr Pressetexte zur Werkausgabe:
Die Höllische Komödie
Paris in Brand
Algier oder die 13 Oasenwunder – Westnordwestviertelwest
Verrufene Malerei – Berlin DADA
Chronik der Lustbarkeiten / Staatenlos im Nirgendwo
Die Nacht des Tyrannen

Kategorien
1983 Prosa

Pressetext zur Werkausgabe – Die Nacht des Tyrannen

Die Nacht des Tyrannen (1983)
Die Nacht des Tyrannen (1983)

Walter Mehring
Die Nacht des Tyrannen – Roman –
Herausgegeben von Christoph Buchwald
144 Seiten, geb.,
DM 24,–, Sfr. 22,30, Ös 182,40,
ISBN 3-546-46455-9

Walter Mehrings Abrechnung mit der Diktatur

„Als Martinez Llalado das Gebäude des Präsidenten verließ, sprang ein jugendlicher, schlanker Mann in hellgrauem Sakko aus der Reihe der Neugierigen und gab einige Schüsse aus nächster Nähe auf ihn ab.“

So beginnt Mehrings Roman, der zuerst 1937 in der Schweiz veröffenlicht wurde. Llalado ist der Typ eines Führers, der die Problematik der Tyrannis „rein“ verkörpert, unabhängig von allen zeitgenössischen Vorbildern. Er geht den Weg eines Außenseiters, der sich für die erlittenen Erniedrigungen rächt, indem er die unwissende Landbevölkerung gegen die Regierung, die Republik, die Zivilisation organisiert. Seine Gegner, die Sozialisten und die Republikaner konnten sich bislang nicht auf ein gemeinsames Vorgehen gegen ihn einigen. Nun, in der Nacht nach dem Attentat, entscheidet sich das Schicksal der Demokratie.

„Die Nacht des Tyrannen“ ist ein spannender, meisterhaft erzählter Roman, der nichts an Aktualität eingebüßt hat.

Autor:
Walter Mehring, geboren 1896 in Berlin, gestorben 1981 in Zürich. Im Rahmen der Werkausgabe liegen bisher vor: „Müller – Chronik einer deutschen Sippe“, „Die verlorene Bibliothek“, „Die  höllische Komödie“ , „Paris in Brand“, „Wir müssen weiter“, „Chronik der Lustbarkeiten“, „Staatenlos im Nirgendwo“, “Algier oder Die 13 Oasenwunder/Westnordwestviertelwest“ und „Verrufene Malerei/Berlin DADA.

Mehr Pressetexte zur Werkausgabe:
Die Höllische Komödie
Paris in Brand
Müller / Die verlorene Bibliothek
Algier oder die 13 Oasenwunder – Westnordwestviertelwest
Verrufene Malerei – Berlin DADA
Chronik der Lustbarkeiten / Staatenlos im Nirgendwo

Kategorien
1981 Kabarett Lieder Lyrik

Pressetext zur Werkausgabe – Chronik der Lustbarkeiten / Staatenlos im Nirgendwo

Walter Mehring
CHRONIK  DER LUSTBARKEITEN
Die Gedichte, Lieder und Chansons 1918-1933
536 Seiten, Pappband, claassen Verlag GmbH, Düsseldorf, DM 38,–

STAATENLOS IM NIRGENDWO
Die Gedichte, Lieder und Chansons 1933-1974
276 Seiten, Pappband, claassen Verlag GmbH, Düsseldorf, DM 28,–

Beide Bände zusammen in Kassette: DM 58,–

Walter Mehrings Hauptwerk, die Gedichte, Lieder und Chansons aus über 50 Jahren, verstreut publiziert in 15 Gedicht- und Auswahlbänden sowie in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften, erscheinen nun zum ersten Mal gesammelt.

Chronik der Lustbarkeiten (1981)
Chronik der Lustbarkeiten (1981)

Der erste Band, die CHRONIK DER LUSTBARKEITEN, enthält die Gedichte von 1918 bis 1933: von den ersten, in Herwarth Waldens „Sturm veröffentlichten expressionistischen „Verben-Kaskaden“ bis zu der berühmt gewordenen „Sage vom großen Krebs“, die in der „Weltbühne“ erschien, als Mehring bereits im Zug nach Paris saß und einem mehr als 20jährigen Exil entgegenfuhr. Viele dieser Gedichte, insbesondere die skandalträchtigen Dada-Verse und die politischen Satiren, sind später nie wieder gedruckt worden. Der Leser wird also Entdeckungen machen können und neben den „Schlagern“ aus Mehrings ( beraus erflolgreicher) Kabarettzeit unbekannte (zum Teil in Buchform noch nie publizierte) Gedichte und Songs finden. Er wird feststellen, daß Mehring sehr viel mehr ist als der Kabarettdichter aus Max Reinhards (sic!) „Schall und Rauch“ oder Trude Hesterbergs „Wilder Bühne“. Er wird einen Lyriker entdecken, der in seiner Poesie neue und auf verblüffende Weise moderne Ausdrucksformen gefunden hat. Mit welcher intuitiven Sicherheit er Litanei, Bänkelsang, Gassenhauer, Chanson, Couplet und Ballade auf ganz eigene, bisher nie dagewesene Weise verwendete, macht die CHRONIK DER LUSTBARKEITEN schlagend deutlich.

Mehrings Balladen und Chansons über die großen und kleinen Leute, über Polizeipräsidenten, Kaiser, Seeleute, Fememörder, Spießer und politische Rattenfänger enthalten „akkurat die krasse Wahrheit“ (Max Herrmann-Neiße), und fast visionär nehmen viele vorweg, was 1933 politische Wirklichkeit werden sollte. Provozierend und sensibel trafen sie die Zeitstimmung, spiegeln eine ganze Epoche, und sind doch – heute wieder gelesen – viel mehr als Zeitgedichte: die „herrlich gereimten Lieder von einem in Deutschland fast nie gesehenen Wortreichtrum“ (Tucholsky) gehören zum festen Bestand der Poesie dieses Jahrhunderts. Nicht nur Brecht hat von Mehring gelernt; Tucholsky schrieb in einer begeisterten Rezension: „unfaßbar die Technik, wie der Refrain an die Vorstrophe herangeflogen kommt – vom Himmel hoch, da kommt er her. (…) Grund genug, diese Chansons doppelt zu lieben.“

Staatenlos im Nirgendwo (1981)
Staatenlos im Nirgendwo (1981)

Die Gedichte des zweiten Versbandes, STAATENLOS IM NIRGENDWO, sind fast ausschließlich im Exil entstanden. Mit trotziger Melancholie und tönender Verzweiflung über „das bißchen Vaterland“ und das, was im Reich passierte, schrieb Mehring Verse, die das Lebensgefühl der Exilierten paradigmatisch zum Ausdruck brachten. Die „Ode an Berlin“, „Die kleinen Hotels“ oder der „Emigrantenchoral“ gehören neben den schon im amerikanischen Exil berühmt gewordenen 12 „Briefen aus der Mitternacht“ sicher zum besten, was zwischen 1933 und 1945 zu diesem Thema geschrieben wurde.

Auch im zweiten Band sind zahlreiche Gedichte, nach Hitlers Machtantritt in verschiedenen antifaschistischen Zeitschriften in Prag, Paris, Zürich, New York, Buenos Aires u.a. erschienen, zum ersten Mal in Buchform veröffentlicht. Zwei Gedichte, eines aus dem amerikanischen Exil und ein weiteres aus dem Jahre 1966, sind Erstveröffentlichungen.

Die CHRONIK DER LUSTBARKEITEN ebenso wie STAATENLOS IM NIRGENDWO enthalten Gedichtfassungen in endgültiger Textgestalt. Die Anmerkungen geben zu den einzelnen Gedichten bibliographische und inhaltliche Hinweise (Erstdruck, Überarbeitungen, zeitgeschichtliche Erläuterungen). Ein ausführliches Nachwort des Herausgebers zu jedem Band führt den Leser in Biographie und Werk Mehrings ein. Im Anhang sind jeweils zeitgenössische Kritiken zu den einzelnen Versbänden abgedruckt, u.a. von Kurt Tucholsky, Max Herrmann-Neiße, Joseph Roth, Hans Sahl, George Grosz u.v.a.

Grosz hat Mehring den „Villon von der Spree“ genannt, andere haben ihn mit Heinrich Heine verglichen, und doch ist die vielschichtige, frappierend „heutige“ Poesie Mehrings mit solchen Kategorisierungen kaum zu fassen. Der Leser hat nun zum ersten Mal die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild zu machen von diesem großen Dichter Walter Mehring, der sich als Satiriker radikal mit seiner Zeit auseinandergesetzt hat und mit seinem Werk doch weit über sie hinausweist – wie alle große Dichtung.

Walter Mehring
wurde am 29. April 1896 in Berlin geboren. Die ersten Gedichte veröffentlichte er 1918 in Herwarth Waldens „Sturm“ und in verschiedenen Dada-
Zeitschriften. Seine Gedichte, Lieder und Chansons machten ihn früh berühmt und bald bei den Nationalsozialisten verhaßt. 1933 entging Mehring nur knapp seiner Verhaftung durch die SA, er emigrierte, wurde 1939 und 1940 in Frankreich interniert und entkam 1941 in die USA. Nach dem Kriege kehrte er nach Europa zurück. Heute lebt er in einem Pflegeheim in Zürich.

In der Walter-Mehring-Werkausgabe bei claassen sind erschienen: „Müller. Chronik einer deutschen Sippe“. Roman; „Die verlorene Bibliothek“. Autobiographie einer Kultur; „Wir müssen weiter“. Fragmente aus dem Exil; „Die höllische Komödie“, Drei Dramen; „Paris in Brand“. Roman; „Algier oder Die 13 Oasenwunder/Westnordwestviertelwest“. Zwei Novellen; Die Walter-Mehring-Werkausgabe wird herausgegeben
von Christoph Buchwald.

Die Pressesstelle des Claassen-Verlags hat diesen Pressetext als “Besprechungsunterlage” mit dem Band für die Rezension verschickt. Zwei Belege der Rezension hat sich der Verlag von den Rezensenten erbeten. (A.O.)

Mehr Pressetexte zur Werkausgabe:
Die Höllische Komödie
Paris in Brand
Müller / Die verlorene Bibliothek
Algier oder die 13 Oasenwunder – Westnordwestviertelwest
Verrufene Malerei – Berlin DADA
Die Nacht des Tyrannen

Kategorien
1983 Biografisches Prosa

Pressetext zur Werkausgabe – Verrufene Malerei – Berlin DADA

Frühjahr 1983 – Claassen

Walter Mehring
Verrufene Malerei – Berlin DADA
Erinnerungen eines Zeitgenossen
Herausgegeben und mit einem Nachwort
von Christoph Buchwald
336 Seiten, 26 Abb. sw., Pappband DM 38,–,
ÖS 288,80 – Sfrs 35,–
ISBN 3-546-46454-0

Walter Mehring über die Geburtsstunde der modernen Malerei in Paris und die DADA-Szene in Berlin

Verrufene Malerei - Berlin DADA
Verrufene Malerei – Berlin DADA

Was Walter Mehrings berühmt gewordene „Verlorene Bibliothek“ für die Literatur ist, ist die „Verrufene Malere'“ für die bildende Kunst: ein witziges, überaus kenntnisreiches Erinnerungsbuch über die „Geburtsstunde der modernen Malerei“,geschildert von einem, der dabei war.

„Berlin DADA“ dokumentiert den Wechsel Walter Mehrings vom Kreis um Herwath Waldens „Sturm“ ins politisch-revolutionär sich gebärende Lager der Dadaisten.

Abgeschlossen wird dieser neunte Band der Werkausgabe durch ein erläuterndes, biographisches Nachwort , einen Aufsatz von George Grosz über den Maler Walter Mehring sowie zeitgenössische Rezensionen der beiden Bücher, die 1958 bzw. 1959 zum ersten Mal erschienen. Die Texte bieten überraschende Einblicke in eine revolutionäre Umbruchdekade der modernen Malerei und Literatur.

Autor:
Walter Mehring, geboren 1896 in Berlin, gestorben 1981 in Zürich, gehort zu den Gründern des „Politischen Kabaretts“ in Berlin und schrieb u.a. Text für Max Reinhardts „Schall und Rauch“. Seine Gedichte, Lieder und Chansons machten ihn früh berühmt und – verhaßt:  viele seiner Bücher  wurden am 10. Mai 1933 verbrannt. Walter Mehring entging nur knapp Verhaftung durch die Gestapo, emigrierte, wurde 1939 und 1941 in Frankeich interniert und entkam 1941 in die USA. Nach dem Kriege kehrte er nach Europa zurück und lebte zurückgezogen in Zürich.

Die Pressesstelle des Claassen-Verlags hat diesen Pressetext als “Besprechungsunterlage” mit dem Band für die Rezension verschickt. Zwei Belege der Rezension hat sich der Verlag von den Rezensenten erbeten. (A.O.)

Mehr Pressetexte zur Werkausgabe:
Müller – Chronik einer deutschen Sippe / Die verlorene Bibliothek
Die Höllische Komödie
Paris in Brand
Müller / Die verlorene Bibliothek
Algier oder die 13 Oasenwunder – Westnordwestviertelwest
Chronik der Lustbarkeiten / Staatenlos im Nirgendwo
Die Nacht des Tyrannen

Kategorien
1980 Prosa

Pressetext zur Werkausgabe – Paris in Brand

Walter Mehring
PARIS IN BRAND
Roman
224 Seiten, geb., claassen Verlag GmbH, Düsseldorf, DM 29,80

Paris in Brand (1980)PARIS IN BRAND, 1927 in der von Thomas Mann mitherausgegebenen Reihe ‚Romane der Welt‘ erschienen, würde man heute als ‚Polit-Thriller‘ bezeichnen. Spannend und mit bissigem Witz schildert Mehring Aufstieg und Fall des „Spezialkorrespondenten“ Marduc, der mit allen Mitteln den von der New Yorker Hearstpresse ausgesetzten und mit 10.000 Dollar dotierten Preis
für die sensationellste unpolitische Meldung aus Paris gewinnen möchte. Er stiehlt die Memoiren der “Rosa Luxemburg des 17. Jahrhunderts“, Antoinette Bourignon, aus der Bibliothek von Ste. Geneviêve und
schreibt darüber ein halbes Dutzend Sensationsartikel, gespickt mit den abenteuerlichsten Spekulationen.

Der Diebstahl wächst sich zum handfesten Skandal aus und beschäftigt das Kabinett. Die Bourignon-Anhänger fordern die „Kanonisierung der Jungfrau Antoinette“, die Pariser Zeitungen melden, Bolschewiki hätten die Werke der „Vorkämpferin des Klassenkampfes“ geplündert, der Polizeipräsident gibt bekannt, eine Spur
gefunden zu haben, die „schnurstracks in die Zentrale der Sowjetpropaganda führt“. Über den Spekulationen, den innen- und außenpolitischen Verwicklungen ’stürzt die Regierung.

Der Roman zeigt, wie die jeweils „Herrschenden ihre Zwecke und Ziele mit der Heiligkeit der Kirche„Würde der Nation, Vorrang der Uniform tarnen“, im 17. Jahrhundert, zu Lebzeiten der Bourignon, ebenso wie im 20. Mehring, auch im Roman ein genialer Satiriker, höhnt gegen die „Große Hure Presse“ und die Schwatzbudenabgeordneten im Parlament, schildert Finanz- und Kabinettsintrigen und politische Komplotte, entlarvt das Freiheit- und Democracy-Bewußtsein der Amerikaner und Exilrussen, polemisiert gegen eifernde Kirchenfürsten und geifernde Kleinbürger und die Verkommenheit der gehobenen Kreise. Sein satirischer Frontalangriff auf Dogmatiker und Parlamente, ÜJournaillen“,
selbsternannte Freiheitsapostel und politische Glaubensbekenntnisse wurde von Axel Eggebrecht 1928 in der ‚Literarischen Welt‘ als „Einzug des Unterhaltungsromans in die hohe deutsche Literatur“ gefeiert; Der Roman „in einem höchst prägnanten, hastigen und blitzenden Stil geschrieben“, ist „nicht eine Minute langweilig“.

Es gilt, diesen neben Tucholsky wohl bedeutendsten Satiriker dieses Jahrhunderts auch als Romanautor wiederzuentdecken.

Walter Mehring geboren 1896 in Berlin, entging seiner Verhaftung durch die SA nur knapp, emigrierte nach Frankreich, wurde 1939 interniert und konnte 1941 in die USA entkommen. Mehring lebt heute zurückgezogen in Orselina bei Locarno. Im Rahmen der Mehring-Werkausgabe im claassen Verlag sind bisher erschienen:
DIE VERLORENE BIBLIOTHEK – Autobiographie einerKultur;
MÜLLER – Chronik einer deutschen Sippe;
WIR MÜSSEN WEITER – Fragmente aus dem Exil;
DIE HÖLLISCHE KOMÖDIE – Drei Dramen.

Die Pressesstelle des Claassen-Verlags hat diesen Pressetext als “Besprechungsunterlage” mit dem Band für die Rezension verschickt. Zwei Belege der Rezension hat sich der Verlag von den Rezensenten erbeten. (A.O.)

Mehr Pressetexte zur Werkausgabe:
Müller / Die verlorene Bibliothek
Die Höllische Komödie
Algier oder die 13 Oasenwunder – Westnordwestviertelwest
Verrufene Malerein – Berlin DADA
Chronik der Lustbarkeiten / Staatenlos im Nirgendwo
Die Nacht des Tyrannen

Kategorien
1980 Prosa

Pressetext zur Werkausgabe – Algier oder Die 13 Oasenwunder

Walter Mehring
ALGIER ODER DIE 13 OASENWUNDER
WESTNORDWESTVIERTELWEST

Zwei Novellen
192 Seiten, geb., claassen Verlag GmbH, Düsseldorf, DM 28,00

Algier oder Die 13 Oasenwunder - Westnordwestviertelwest - Zwei Novellen (1980)
Algier oder Die 13 Oasenwunder – Westnordwestviertelwest – Zwei Novellen (1980)

Staatenlos im Nirgendwo, Nationalität: die Boheme, im Exil seit der Geburt im Jahre 1896. Walter Mehrings Selbstaussagen sind keine Koketterie: die Bücher von Swift und Villon sind seine ständigen Begleiter, er selbst ist immer ein heimatloser Vagant gewesen, der
Cafêhäuser (und in finsteren Zeiten Internierungslager) als Postadresse angab, und für den „Reisen ein mindestens ebenso gutes Stimulans waren wie Applaus, Alkohol und Vorschuß“.

Reise und Reisen, zentrales Motiv im Werk Walter Mehrings, sind das Thema von Band 6 der Mehring-Werkausgabe, der zwei Novellen – ALGIER ODER DIE 13 OASENWUNDER und WESTNORDWESTVIERTELWEST nach über fünfzig Jahren wieder zugänglich macht.

WESTNORDWESTVIERTELWEST (1925) erzählt von einer abenteuerlichen Seereise, die Mehrings alter ego, Walt Merin, an Bord eines Kohlenfrachters nach Newcastle
unternimmt. In England trifft Merin auf Old Nick, einen undurchsichtigen Burschen und vaterlandslosen Gesellen, der immerdann auftaucht, wenn Merin dabei ist, irgendwo seßhaft zu werden. Old Nick ist der Ewige Reisende, der heimatlose Vagabund, der Merin
entführt in die Regionen, wo Gulliver gelebt haben könnte und wo man die “Fanatismusneurosen auf ihre seelische Reagenzinachprüfen kann“. – WESTNORDWEST-
VIERTELWEST ist in politischer Hinsicht ein autobiographisches Buch: Mehrings Forderung nach umfassender Freiheit für den Einzelnen, seine grundsätzliche Ablehnung des Staates als Institution ist in der Geschichte über Merins Reise, die nie endet, phantasievoll und eulenspiegelnd aufgehoben.

ALGIER ODER DIE IB OASENWUNDER, die umfangreichere der beiden Novellen, gilt vielen als Mehrings bestes Prosabuch. Mit seinen Geschichten und Münchhausiaden,
kulturgeschichtlichen und historischen Exkursen, ist Algier weder ein Reise- noch ein Geschichtsbuch, sondern auf ganz eigene Weise beides zusammen: eine Satire auf den Massentourismus, die an Aktualität nichts eingebüßt hat. Die Zerstörung der kulturellen Identität eines Landes, der Kulturimperialismus und die Kolonialherrenmentalität der „kultivierten“ Europäer gegenüber den „Eingeborenen“ sind so bissig, realistisch und witzig selten dargestellt worden. Walt Merin erlebt in Algier „Herren“, die mit Spazierstöcken in den „Faulenzenden“ herumstochern, „Damen“, die Arme und Sieche wie Tiere im Zoo begaffen, Forscher, die jeden Koranlesenden für Studierzwecke benutzen, und Pauschalreisende, die nach Algier kommen, um den „Wildbestand“ der arabischen Frauen zu testen. Der Moloch Babylon verschlingt seine Kinder und ganze Landstriche, und für
Geld ist allemal alles zu haben. Walt Merin jedenfalls faßt nach seinen algerischen Erfahrungen den Plan, eine „leicht faßliche Einführung in die Sitten und Gebräuche der Eingeborenen Europas für arabische Mittelschulen“ zu verfassen. Um die Europäer vor dem zu bewahren, was sie anderen Völkern zugemutet haben.

Kurt Pinthus schrieb 1927 über Algier: „Würde ich sagen, dies Buch sei gut, so wäre das zu wenig; und wenn ich erklären wollte, wie es und was es alles ist, dann müßte so viel gesagt werden, daß es schon das Gescheiteste und Einfachste ist, schlichtweg aber energisch
zu empfehlen: Jedermann lese das Buch selbst“.

Walter Mehring wurde 1896 in Berlin geboren. Mehring gehört zu den Begründern des „Politischen Cabarets“ in Berlin und schrieb u.a. Texte für Max Reinhardts Kabarett „Schall und Rauch“. Seine Gedichte, Lieder und Chansons machten ihn früh berühmt und – verhaßt: Viele seiner Bücher wurden am 10.Mai 1933 verbrannt. Walter Mehring
entging nur knapp seiner Verhaftung durch die SA, emigrierte, wurde 1939 und 1941 in Frankreich interniert und entkam 1941 in die USA. Nach dem Kriege kehrte er nach Europa zurück und lebt heute zurückgezogen in Zürich.

In der Walter-Mehring-Werkausgabe des claassen Verlages sind bisher erschienen:
Müller. Chronik einer deutschen Sippe
Die verlorene Bibliothek; Autobiographie einer Kultur
Wir müssen weiter. Fragmente aus dem Exil
Die höllische Komödie. Drei Dramen
Paris in Brand. Roman

In Vorbereitung ist eine zweibändige Ausgabe mit den
Gedichten, Liedern und Chansons.

Die Pressesstelle des Claassen-Verlags hat diesen Pressetext als “Besprechungsunterlage” mit dem Band für die Rezension verschickt. Zwei Belege der Rezension hat sich der Verlag von den Rezensenten erbeten. (A.O.)

Mehr Pressetexte zur Werkausgabe:
Die Höllische Komödie
Müller / Die verlorene Bibliothek
Paris in Brand
Verrufene Malerein – Berlin DADA
Chronik der Lustbarkeiten / Staatenlos im Nirgendwo
Die Nacht des Tyrannen

Kategorien
1978 1979 1980 1981 1982

Waschzettel des Claassen-Verlags zur Werkausgabe

Walter Mehring: Algier oder Die 13 Oasenwunder / Westnordwestviertelwest

Bild 1 von 10

Walter Mehring: Algier oder Die 13 Oasenwunder / Westnordwestviertelwest

Das Presse- und Buchhandelsmaterial, das hier abgebildet ist, verschickte der Claassen Verlag an Journalisten und Buchhändler, um auf die von Christoph Buch herausgegebene Werkausgabe von Walter Mehring hinzuweisen.

 

 

Kategorien
1979 Dramatisches

Pressetext zur Werkausgabe – Die Höllische Komödie

Walter Mehring
DIE HÖLLISCHE KOMÖDIE

Drei Dramen: Die höllische Komödie; Der Kaufmann von Berlin; Die Frühe der Städte
272 Seiten, geb., claassen Verlag GmbH, Düsseldorf, DM 32, —

Die höllische Komödie - Drei Dramen (1979)

Nach „Müller. Chronik einer deutschen Sippe“, „Die verlorene bibliothek. Autobiographie einer Kultur“ und „Wir müssen weiter. Fragmente aus dem Exil“ erscheinen nun – im vierten Band der Walter-Mehring-Werkausgabe und erstmals gesammelt publiziert die Dramen Walter Mehrings. Auch in diesem Teil des Werkes erweist sich Mehring als der genau beobachtende, sprachmächtige Satiriker, der „die Verhältnisse zum Tanzen bringt“.

Der „Kaufmann von Berlin“, ein „historisches Schauspiel“ um Inflationsgewinnler und den jüdischen Kaufmann Kaftan, der für 100 Dollar halb Berlin in die Tasche steckt und schließlich Schiebern aus dem Reichswehrministerium zum Opfer fällt, verursachte einen solchen Theaterskandal, daß das Stück abgesetzt werden mußte. In der deutsch-nationalen „Nachtausgabe“ vom 7.September 1929 wurde unter der Überschrift „Wo bleibt der Gerichtsarzt? Leichenschändung bei Piscator“ dem Staatsanwalt gerufen: „Es gibt Mörder und Leichenschänder, die aufgrund vertierter Neigungen nach den Begriffen normaler Gesetzgebung nicht für ihre Taten verantwortlich zu machen sind. Wer diese Szenen inszeniert hat, darf sich nicht wundern, wenn er unter die moralische Minderwertigkeit des § 51 des Strafgesetzbuches gerechnet wird.“

Auch die „Höllischen Komödie“ wurde abgesetzt – noch vor der Uraufführung 1933. Mehring, der ähnlich wie Tucholsky für eine demokratische Umgestaltung Deutschlands keine Chancen mehr sah, verlegt in diesem Drama den das politische Leben beherrschenden Kampf um die Monopole und wirtschaftliche macht in die Hölle, wo sich Beezebuth und Satan als „Vertreter der kapitalistischen Freihandelswirtschaft und der Klassengemeinschaft bis auf die Diktatur bekämpfen.“

Von ganz anderer Art ist Mehrings expressionistisches Stück „Die Frühe der Städte“, das 1918 in Herwarth Waldens „Sturm“ publiziert wurde. Es ist, wie (fast) alle expressionistischen Dramen, unspielbar und wurde im „Sturmkreis“ mit verteilten Rollen gelesen.

Es gilt, Walter Mehring auch als Dramatiker wiederzuentdecken. Dazu will der Band DIE HÖLLISCHE KOMÖDIE beitragen. Die West-Berliner „tribüne“ wird den „Kaufmann von Berlin“ in diesem Herbst in einer Inszenierung von Rainer Behrend herausbringen. Immerhin: ein Anfang ist gemacht.

Walter Mehring,
geboren 1896 in Berlin, entging seiner Verhaftung durch die SA nur knapp, emigrierte nach Frankreich, wurde 1939 interniert und konnte 1941 in die USA entkommen. Mehring lebt heute zurückgezogen in Orselina bei Locarno. Im Rahmen der Mehring-Werkausgabe im claassen Verlag sind bisher erschienen:
DIE VERLORENE BIBLIOTHEK – Autobiographie einer Kultur, MÜLLER – Chronik einer deutschen Sippe, WIR MÜSSEN WEITER – Fragmente aus dem Exil.

Die Pressesstelle des Claassen-Verlags hat diesen Pressetext als „Besprechungsunterlage“ mit dem Band für die Rezension verschickt. Zwei Belege der Rezension hat sich der Verlag von den Rezensenten erbeten. (A.O.)

Mehr Pressetexte zur Werkausgabe:
Müller / Die verlorene Bibliothek
Paris in Brand
Algier oder die 13 Oasenwunder – Westnordwestviertelwest
Verrufene Malerei – Berlin DADA
Chronik der Lustbarkeiten / Staatenlos im Nirgendwo
Die Nacht des Tyrannen